Wie KEBA künstliche Intelligenz in die Industrie bringt
- KI
- 13.12.2023
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Um diese Fragen zu beantworten, haben wir mit Stefan Fischereder gesprochen, er ist bei KEBA Produktmanager Industrial AI. Das Unternehmen hat sich in den letzten Jahren verstärkt mit dem Thema künstliche Intelligenz beschäftigt und wird ein eigenes Produkt dafür auf den Markt bringen. Dieses KI-Erweiterungsmodul ist eine Ergänzung zum bestehenden Steuerungssystem von KEBA. Mit dem Modul können KI-Modelle auf Industriesteuerungen ausgeführt werden, ohne dass dafür eine Cloud-Anbindung nötig ist.
Um das KI-Erweiterungsmodul bis zur Serienreife noch weiter zu verbessern und an die Bedürfnisse der Unternehmen anzupassen, hat KEBA ein Early Access Program (EAP) gestartet. Das EAP ist eine Art Testphase, in der ausgewählte Kunden das KI-Modul ausprobieren und Feedback dazu geben können.
Wie ist die Idee für das KI Extension Modul entstanden?
Stefan Fischereder: Die Idee für das KI-Erweiterungsmodul kommt daher, dass es in der Industrie zwar einen großen Bedarf an KI-Anwendungen gibt, gleichzeitig aber auch viele Hürden, die eine erfolgreiche Umsetzung erschweren. Zum Beispiel sind viele Anlagen oder Maschinen nicht mit dem Internet verbunden. Das verhindert den Einsatz von Cloud-basierten KI-Diensten. Oder es gibt Bedenken bezüglich der Datensicherheit und des Datenschutzes, die eine Datenübertragung an externe Anbieter ausschließen. Wir wollten daher ein Produkt schaffen, das diese Hürden überwindet und künstliche Intelligenz für die Industrie zugänglich macht.
Wie funktioniert das KI Extension Modul genau?
Stefan Fischereder: Das Modul ist eine Ergänzung zum bestehenden Steuerungssystem von KEBA. Es erweitert eine Industriesteuerung um die Fähigkeit, KI-Modelle direkt vor Ort in Echtzeit auszuführen. Man kann sich das Modul wie eine Beschleuniger-Hardware in einem Consumer Computer vorstellen. Es ist reduziert auf die wesentliche Performance, die es braucht, um neuronale Netze zu berechnen. Ohne den Grafikkarten-Anteil, der ja vor allem für Spiele konzipiert ist, aber mit einer speziellen Architektur, die für das Berechnen von neuronalen Netzen konzipiert wurde.
Zusätzlich dazu beginnen wir momentan damit, einen Software-Stack aufzubauen, der es Kunden beispielsweise ermöglicht, aus den SPS Programmiersprachen auf diese Fähigkeiten zugreifen zu können. Das wird dann besonders interessant, wenn keine KI-Experten zur Verfügung stehen, die diese Fähigkeiten programmieren sollen. Denn Expertise in Automatisierung bedeutet natürlich nicht automatisch auch Expertise im Bereich künstlicher Intelligenz. Sowohl das KI-Erweiterungsmodul also auch der Software Stack sind unabhängig von der Cloud und können in Kombination mit jeder Industriesteuerung von KEBA verwendet werden. Sollten die Kunden es bevorzugen, ist es aber auch möglich die lokalen Funktionalitäten mit Cloud Lösungen zu kombinieren.
Was sind die Vorteile des Moduls?
Stefan Fischereder: Zum einen können KI-Lösungen direkt auf der Anlage implementiert werden, ohne dass eine Internetverbindung oder eine externe Plattform notwendig sind. Das erhöht die Sicherheit und die Flexibilität. Zum anderen kann diese Lösung individuell an die Anforderungen angepasst werden, ohne dabei auf vorgefertigte Modelle oder Dienste angewiesen zu sein. Das erhöht die Qualität und die Effizienz. Die KI-Lösung kann auch einfach in ein bestehendes System integriert werden. Es ist keine komplexe Programmierung oder Installation notwendig. Das erhöht die Benutzerfreundlichkeit und die Geschwindigkeit.
Das KI-Modul soll ein integraler Bestandteil eines KI-Ökosystems von KEBA sein.
Du hast erwähnt, dass KEBA ein Early Access Program (EAP) für das Modul gestartet hat. Was versteht ihr darunter?
Stefan Fischereder: Unser KI-Erweiterungsmodul ist derzeit als Development Kit verfügbar. Im Rahmen des Early Access Program identifizieren wir passende Unternehmen, die unser Modul schon vor dessen Serienstart an ihren Maschinen einsetzen wollen. Sie brauchen dazu einerseits das notwendige Know-How und den richtigen Use-Case. Andererseits sollten sie bereit sein, mit uns an ihrer Problemstellung zu arbeiten. Beim Test begleiten wir sie.
In welchen KI-Anwendungen kommt das Modul zum Einsatz? Handelt es sich dabei um die erwarteten oder haben euch Unternehmen überrascht?
Stefan Fischereder: Das Modul kommt vor allem in Artificial Intelligence Anwendungen zum Einsatz, die mit Computer Vision zu tun haben. Das sind Aufgaben, die mit klassischer Algorithmik zwar lösbar, aber wesentlich komplexer sind als mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz. Viele Unternehmen möchten in Zukunft Objekte innerhalb ihrer Automatisierungsanlage nicht nur erkennen, sondern auch entsprechend deren Position, Lage oder Geschwindigkeit prozessrelevante Dinge ableiten können. Das kann zum Beispiel in der Produktion bei Qualitätskontrolle, Sortierung oder Verpackung sein. Wir wollen in diesen Aufgabenstellungen unsere Expertise aufbauen und die AI Engineering Kompetenz liefern, um ein idealer Partner für unsere Kunden zu sein.
Wir haben auch schon gute Erfahrungen mit Greifpunkt-Berechnungen für Roboter gemacht. Das heißt, mit Hilfe des KI-Erweiterungsmoduls kann aus einem Bild eines Objekts der optimale Greifpunkt für einen Roboterarm bestimmt werden. Das ermöglicht eine flexible und effiziente Handhabung von verschiedenen Objekten, ohne dass dafür eine aufwendige Programmierung nötig ist.
Es gab aber auch schon interessante Anfragen aus dem Bereich „Vorsicherheit“. In einem Fall ging es darum, zu verhindern, dass Sicherheitseinrichtungen unabsichtlich ausgelöst werden. Das hat das Potential, unnötige Ausfallzeiten von Maschinen zu minimieren. Hier bietet Objekterkennung beziehungsweise Pose-Estimation eine Chance. Pose-Estimation bezeichnet eine Objekterkennungsklasse. So können Menschen schon gewarnt werden, wenn sie sich einer Sicherheitseinrichtung nur nähern. Natürlich auch dann, wenn sie sich zu schnell nähern oder sich in den Gefahrenbereich begeben. Der beschriebene Anwendungsfall ist deshalb so spannend, weil er eigentlich nicht mit Safety zu tun hat, sondern bereits vorher greift.
Was sind die nächsten Schritte für das KI-Erweiterungsmodul und welche Pläne gibt es für die Zukunft?
Stefan Fischereder: Die nächsten Schritte für das KI-Modul sind, das Early Access Program weiterzuführen und die Development Kits weiteren Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Wir wollen dabei die Use-Cases priorisieren und fokussieren, um das größte Potenzial für die Unternehmen zu erzielen.
Parallel dazu arbeiten wir daran, das Modul für den Serieneinsatz vorzubereiten und verschiedene Leistungsklassen zu evaluieren. Wir werden damit eine breite Palette von Problemen und Bedürfnissen der Industrie adressieren. Wir werden auch die Softwareumgebung des KI-Erweiterungsmoduls verbessern und erweitern, um mehr Anwendungen von künstlicher Intelligenz zu ermöglichen, wie zum Beispiel Predictive Quality oder Predictive Maintenance. Das KI-Modul soll ein integraler Bestandteil eines KI Ökosystems von KEBA sein, das unseren Automatisierungsbaukasten Kemro X um die Fähigkeiten von künstlicher Intelligenz erweitert und vereinfacht. Wir überlegen auch, verschiedene Hardware Konstellationen für das Modul zu realisieren, um unterschiedliche Anforderungen an Performance und Flexibilität zu erfüllen.