Die Plattform I4.0, Smart Factory, IIoT und Standardisierung definieren den Weg der zukünftigen Automatisierungslandschaft.

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Die aktuellen Trends in der Industrieautomation wären ohne eine starke Standardisierung nicht möglich. Zugleich aber bauen zum Beispiel die Plattform I4.0 und die Smart Factory nicht nur auf Standards auf, sondern erhöhen den Druck die Standardisierung weiter voranzutreiben. Die Nische für Anbieter, die sich abseits halten, wird dadurch immer kleiner.

Wer im Herbst 2022 auf die Automatisierungs- und Industriemessen blickte, wie SPS und Electronica, oder die Namur-Hauptversammlung, sah überall die Digitalisierung von Produktions- und Fertigungsindustrie voranschreiten, sowohl im Bereich der IIoT als auch der Plattform I4.0.

Viele einzelne Aspekte greifen immer besser ineinander. Die digitale Verwaltungsschalte (Asset Administration Shell, AAS) bietet die Grundlage für die Digital Nameplate, 5G-Campusnetzwerke ermöglichen die beinahe latenzfreie Übertragung von großen Datenmengen, die wiederum auf Edge-Servern verarbeitet und durch leistungsstarke Anwendungen der Künstlichen Intelligenz (KI) ausgewertet werden.

Machine-Learning-Algorithmen und Neuronale Netze gewinnen aus diesem Input Informationen und Erkenntnisse, um Maschinen und Anlagen zu steuern, die Qualität von Stoffen und Werkstücken zu managen und Ablaufprozesse je nach Bedarf zu optimieren. Sei es in Bezug auf Ressourcenverbrauch – gerade auch im Bereich des Energiebedarfs – oder in Hinblick auf eine möglichst schnelle Auftragsabwicklung, was in Zeiten von unterbrochenen oder gehemmten Lieferketten ebenfalls hohe Priorität genießt.

Das eigentliche Ziel der Innovationen ist eine immer intelligentere Fertigung, in einer „Smart Factory“. Denn der Markt verlangt eine immer größere Anpassungsfähigkeit und Flexibilität, sprich: mehr Produktvarianten in einer Produktionslinie, kleinere Losgrößen unterschiedlicher Varianten zu einem vernünftigen Preis und die Möglichkeit zur Reorganisation des Produktionsauftrags mit reduziertem Aufwand.

Datenaustausch ist Pflicht

Daraus ergeben sich mehrere grundlegende Voraussetzungen. Zum einen brauchen die Maschinen- und Anlagenbetreiber Offenheit und Flexibilität, wie sie die Produktions- und Fertigungsprozesse betreiben. Sie müssen auf ganz unterschiedliche Anforderungen reagieren können, um ihre Kunden zufriedenzustellen.

Zum anderen leitet sich daraus die Notwendigkeit für eine umfassende Datenbasis ab. Das betrifft beispielsweise die „Health Status“-Daten von Maschinen und Komponenten, die einen zuverlässigen, ungestörten und einwandfreien Betrieb ermöglichen sowie eine genaue Planung zu notwendigen Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten ermöglichen.

Das betrifft ebenso die Daten zum Produktions- und Fertigungsprozess. Von Informationen zu Eigenschaften und Qualitäten von Verbrauchsstoffen und Vorprodukten, über laufende Daten aus dem Verarbeitungsprozess bis hin zu Daten über die Produktionsumgebung, um beispielsweise den Einfluss von Temperatur und Luftfeuchtigkeit zu erfassen. Gerade der wachsende Einsatz von KI-Applikationen benötigt eine starke, umfassende Datenbasis, sowohl zum initialen Start als auch zur kontinuierlichen Weiterentwicklung und Optimierung von KI-Modellen und Algorithmen, um die Ergebnisse weiter zu verbessern oder neuen Anforderungen anzupassen.

Die Daten aus Maschinen und Antrieben, aus Steuerungen und Sensoren, sind für sich alleine oft nur schwer zu interpretieren. Deshalb gilt es, auch den Kontext zu berücksichtigen bzw. abzubilden, damit sie in geeigneter Weise in KI-Modelle einfließen können.

Um Prozesse und Abläufe flexibel und ohne hohen manuellen Aufwand anpassen zu können, braucht es jedoch noch mehr. Es müssen verwertbare Informationen darüber vorlegen, welche Fertigkeiten zur Verfügung stehen, welche Funktionen Teilsysteme übernehmen können, welche Voraussetzungen oder Vorgaben zu erfüllen sind, um das Zusammenspiel zu ermöglichen. Sie bilden quasi den „Kontext“ für die Maschinendaten. Doch wie bringt man diese Informationen in einen sinnvollen Zusammenhang?

Dies ist nur auf Basis von maschinenlesbaren Beschreibungen der verfügbaren Fertigungsfunktionen und der Auftragsanforderungen möglich, die im Capability, Skill and Service Model (CSS-Modell) definiert wurde.

Informationsmodelle als Lösung: OPC UA

Zu Beginn der Entwicklung hin zu Industrie 4.0 versuchten Maschinenbauer, Anlagenbetreiber und Data Scientists, die anfallende Datenflut mittels individueller Programmierungen zu homogenisieren. Sprich: Die aus den verschiedenen Quellen stammenden Daten wurden in vorgegebene Datenformate überführt, um diese gemeinsam verarbeiten zu können.

Der manuelle Programmieraufwand war enorm, und die Entwicklung hin zum Internet der Dinge (Internet of Things, IoT), führte ein solches Unterfangen schnell ad absurdum, da die Zahl der potenziellen Informationsquellen und damit der zu berücksichtigenden Datenformate exponentiell anstieg. Nicht selten kam es dann zum Rückschritt, weil aus ökomischen Gründen nur noch die absolut notwendigen Datenquellen berücksichtigt werden konnten. Der Rest musste verworfen werden, sonst wäre der Programmieraufwand nicht mehr zu bewältigen gewesen.

Mit dem Standard OPC UA gibt es eine wesentlich intelligentere und flexiblere Lösung. Dieser umfassende Standard für den industriellen Datenaustausch setzt auf den Einsatz von semantischen Informationsmodellen, die eine korrekte Interpretation und Verarbeitung sicherstellen. Damit entspricht OPC UA den Anforderungen des CSS-Modells. Die Informationsmodelle innerhalb des OPC-UA-Standards folgen festen Regeln, sind aber nicht beschränkt. Das heißt, es können beliebig viele Informationsmodelle entwickelt werden. Aber deren Anwendung ist aufgrund der einheitlichen Strukturen sehr einfach umzusetzen.

Auf diese Weise entstehen derzeit zahlreiche branchenbezogene Spezifikationen, die OPC UA Companion Specifications. Beispielsweise unter dem Dach des VDMA kommen Maschinenbauer, Anlagenbetreiber, Automatisierungshersteller und Infrastruktur-Anbieter zusammen, um gemeinsam über Anforderungen und Lösungen für abgegrenzte Anwendungsbereiche zu sprechen. So können gemeinsame Entwicklungen etwa für die Robotertechnik, für autonome Fahrzeuge in der Intralogistik und viele andere Teilbereiche und Branchen vorangetrieben werden.

Die Zahl der OPC UA Companion Specifications geht bereits auf die 100 zu. Hinter jeder Spezifikation steht ein Gremium, in dem sich die wichtigsten Akteure der jeweiligen Branche oder der jeweiligen Technologie versammelt haben. Die Unterstützung für den OPC-UA-Standard wird also von weiten Teilen des Marktes getragen. So wird dieser immer mehr zum De-Facto-Standard. Sprich: Anbieter, die OPC UA nicht unterstützten, müssen um ihre Wettbewerbsfähigkeit fürchten, wenn immer mehr Anlagenbetreiber – zum Beispiel Automobilisten oder Maschinenbauer - dies zur Voraussetzung machen.

Dass diese Gefahr bereits heute sehr real ist, zeigen Entwicklungen in den verschiedenen Bereichen, die als Vorreiter gelten können.

Von der Verpackungs- und Automobil-Industrie …

Tatsächlich gab es ja auch vor bzw. neben OPC UA bereits etliche branchenspezifische Standardisierungen in unterschiedlichen technischen Ausprägungen. Einer dieser Standards ist PackML, die Packaging Machine Language, ein Kommunikationsstandard für die Maschinensteuerung insbesondere für Verpackungsmaschinen.

Der zentrale Vorteil von PackML ist eine einheitliche Methode, um wichtige Daten der einzelnen Systeme bzw. zum Zustand der Maschine über benannte Datenelemente, sogenannte PackTags, zu übertragen. Dies dient sowohl der Kommunikation innerhalb der Anlage (Machine-to-Machine), als auch zwischen Shopfloor und Planungsebene, also dem MES bzw. dem ERP-System.

Die Struktur von PackML und der enthaltenen PackTags kann man als Informationsmodell betrachten. Diese Ähnlichkeit zum Ansatz von OPC UA führte dazu, dass PackML sehr früh in eine OPC UA Companion Specification überführt wurde. Damit verbindet sich der Vorteil von PackML – die einheitliche Datenformatierung – mit den Vorteilen von OPC UA, die etwa auch eine einfache, einheitliche Übertragung von der Feldebene bis in die Cloud nach hohen Sicherheitsstandards erlaubt.

Wohin diese Entwicklung führt, zeigen aktuell Plattformen wie die UMATI Community des Maschinen- und Anlagenbaus oder das Netzwerk Catena-X für die Automobilbranche. Aufgrund der Flexibilität der OPC-UA-Spezifikationen ist es zum einen möglich, immer mehr Bestandsmaschinen mit aktuellen Steuerungen einzubinden und deren Daten in der Prozesssteuerung und auf der Planungsebene zu verwenden.

Auf der anderen Seite entstehen in der Folge integrative, plattformbasierte Ökosysteme, die – basierend auf OPC UA – ihre Branche bei der Digitalisierung vorantreiben. Die damit verbundenen Mehrwerte für den Anwender bilden einen enormen Wettbewerbsvorteil gegenüber jenen Anbietern, die nicht Teil dieses Ökosystems sind.

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… bis zur Kunststoff- und Gummi-Produktion

Eine ähnliche Entwicklung wie bei PackML zeigte sich auch beim Branchenverband Euromap (European Plastics and Rubber Machinery). Dieser hatte mit Euromap 63 einen Standard für die Maschinensteuerung in der Kunststoff- und Gummi-Herstellung entwickelt. Doch im Rahmen der Entwicklung hin zu Industrie 4.0 und der steigenden Bedeutung standardisierten Datenaustausches bei immer komplexer werdenden Maschinen und Prozesse stießen bestehende Hardware-Schnittstellen an ihre Grenzen, erkannte der Verband vor wenigen Jahren. Er hat die Weiterentwicklung deshalb 2019 auf komplett neue Füße gestellt – und diese liefert OPC UA.

Sprich: Alle Folgestandards zu Euromap 63, wie Euromap 77, 79, 82, 83 etc., werden inzwischen ausschließlich auf Basis der OPC-UA-Plattform erarbeitet und als OPC UA Companion Specifications ausgeführt. Wer also beispielsweise Spritzguss-Maschinen auf Basis aktueller Euromap-Standardisierungen verkaufen will, muss zugleich auch OPC UA basierte Euromap Companion Standards in seinen Maschinen realisieren.

OPC UA als Standard für Anwendungen im Maschinenbau

Die Entwicklung in der Kunststoff- und Gummi-Industrie ist nur ein Beispiel, wohin die breite Unterstützung von OPC UA führen kann. Angesichts der zahlreichen Arbeitsgruppen zur Ausarbeitung weiterer OPC UA Companion Specifications ist es nicht schwer vorherzusagen, dass auch andere Branchen irgendwann ausschließlich auf OPC-UA-basierende Standards einschwenken werden.

Für Maschinenbauer stellt der Einstieg zwar eine gewisse Hürde dar, da erst Kompetenzen und Know-how aufgebaut werden müssen. Doch diese Aufwendungen sind eine sichere Investition in die Zukunft. Denn OPC UA wird von einer solchen Breite des Marktes getragen, dass dieser Standard nicht einfach wieder – wie unzählige andere – vom Markt verschwinden wird.

Wer allerdings den Einstieg scheut, geht ein deutliches Risiko ein. Denn mit jeder OPC-UA-fähigen Maschine im Markt wird auf Anwenderseite der Druck größer, auch bei Ersatz- und Ergänzungsbeschaffungen darauf zu achten, dass der Standard unterstützt wird, der zahlreichen (I)IoT-Anwendungen als Basis dient und eine einfache und komfortable Einbindung neuer Maschinen in bestehende Applikationen ohne großen manuellen Programmieraufwand gestattet.

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