Webinar zur Automatensicherheit
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- 31.8.2023
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2022 wurde durch 500 Sprengungen in Deutschland ein Schaden i.H.v. € 30 Mio. verursacht.
Wie ist die aktuelle Sicherheitslage in Deutschland?
Wir blicken aktuell mit Sorge auf den Bundeslagebericht 2022 (siehe auch Grafik unten). Die Täter:innen werden skrupelloser und schrecken auch vor Personenschäden nicht mehr zurück. 2022 gab es in Deutschland 660 physische Angriffe, davon etwa 500 Sprengungen. Von diesen 500 Sprengungen wurden 400 mit Festsprengstoff durchgeführt, was in etwa einer Verdopplung im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Der Beuteschaden beträgt ca. € 30 Mio., was etwa einer Beute in Höhe von € 100.000,- pro Sprengung entspricht. Besonders hervorzuheben ist, dass auch die Erfolgsquote der Sprengversuche steigt, also die Sprengungen lukrativer für die Täter:innen werden. Das wird dazu führen, dass die Versicherungsprämien steigen, wo sie es heute noch nicht getan haben.
Leider nimmt Deutschland Europas Spitzenplatz bei Sprengungen ein. 60% aller Sprengungen passieren in Deutschland, die übrigen 40% verteilen sich auf 11 Länder. Zum Vergleich: in Frankreich gab es 2022 30 Sprengungen. Grund für diese vergleichsweise geringe Zahl könnte die Einführung eines verpflichtenden Färbesystems sein. Auch in Malaysia gab es in der Vergangenheit viele Sprengungen, die erst zurückgingen, als 25% aller Geräte mit einem Färbesystem ausgestattet wurden. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Lage sehr ernst ist, einerseits durch die Anzahl, andererseits durch die Schwere der Sprengungen.
Wie können Geldautomaten bei dieser Gemengelage geschützt werden?
Zum Schutz vor Sprengungen sind Einzelmaßnahmen keine Option. Es braucht ein Bündel an Maßnahmen, die getroffen werden sollten. Dem trägt auch der bundeseinheitliche Raster zur Risikoanalyse Rechnung, der eine Vielzahl an Faktoren an einem Standort betrachtet. Das Ziel aller Maßnahmen ist, die Dauer, bis die Täter an das Geld kommen, zu verlängern. In dieser Zeit können Einsatzkräfte alarmiert und ein Zugriff durch die Polizei ermöglicht werden. Außerdem ist die Entwertung des Geldes ein zentraler Bestandteil der Maßnahmen. Dadurch sollen Sprengungen unattraktiver und Täter:innen abgeschreckt werden.
"Es braucht keine Einzelmaßnahmen, sondern ein ganzes Bündel an Maßnahmen"
Die KEBA Cash Recycler der evo-Serie können im Vergleich als sehr sicher eingestuft werden und stellen bis dato kein attraktives Ziel für Sprengungen dar. Durch welche Maßnahmen konnte das erreicht werden?
Generell kann man sagen, dass Cash Recycler weniger attraktive Ziele sind als reine Geldausgabeautomaten. Bereits in der Entwicklung der evo Serie haben wir den Fokus auf die Sicherheit gelegt. Es werden beispielsweise besonders robuste Materialien wie Metall als Hauptbestandteil und bruchsicheres Glas verwendet. Des Weiteren gibt es keinen direkten Übergang vom Notenfach in den Wertschutzschrank. Außerdem wurden diese Übergänge besonders geschützt. Ein Standard-Fearture ab Werk, der KEBA Door Lock Guard, überwacht die Gerätetür und die Haube, erkennt einen Aufbruch und kann automatisch einen Alarm an die Einbruchsmeldeanlage (EMA) auslösen. Verstärkungspakete die der Mitbewerb derzeit anbietet, sind bei den Cash Recyclern der evo Serie bereits standardmäßig ab Werk verbaut. Außerdem gibt es optionale Sicherheitspakete für zusätzlichen Schutz, welche auch im Feld nachgerüstet werden können.
Wie können ältere Produktgenerationen geschützt werden?
Bei unserer älteren Produktgeneration, der Generation 6, ist die Ausgangslage komplexer, da diese zu einem Zeitpunkt entwickelt wurden, als Sprengungen mit Festsprengstoff noch nicht absehbar waren. Dementsprechend wurden im Nachhinein Maßnahmen getroffen. So gibt es auf Wunsch ein Upgradepaket um Tresorübergänge zu schützen, auch als WSS-Kit bekannt. Für Systeme KePlus R6 und KePlus X6 sowie KePlus R6se und KePlus X6se ist außerdem bereits das Färbesystem von Cennox verfügbar. Extern entwickelte Optionen wie Tresortürverstärkungen oder Haubenverriegelungen können ebenso nachgerüstet werden.
KePlus R6, KePlus R6SE & KePlus evo
KePlus R6, KePlus R6se & KePlus evo
Kannst du einen Einblick geben, woran aktuell noch gearbeitet wird, um die Sicherheit der KEBA Automaten noch weiter zu erhöhen?
Derzeit liegt der Fokus auf Färbesystemen. Gemeinsam mit dem führenden Hersteller für Färbesysteme, Feerica, arbeiten wir mit Hochdruck daran, dass wir bis Mitte September die Systeme der evo Serie mit dem Feerica Färbesystem SmartStain eve ausrüsten können. Dieses System hat zahlreiche Vorteile:
- Variable Angriffsparameter: Erlaubt Auslösung bei diversen Angriffsszenarien und die Ansteuerung auch über Drittsysteme
- Vollintegration in die Software-Plattform der evo Serie
- Einfachere Wartung
- Keine Auszahlung verschmutzter Noten (NoteStop)
Für die evo Serie ist das Feerica Färbesystem ab Mitte September 2023 verfügbar. Darauf folgt die Integration in die Systeme der Generation 6.
Was ist für Geldinstitute, beispielsweise aus Nordrhein-Westfalen, in der aktuellen Situation empfehlenswert?
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: NRW ist derzeit Hochrisikogebiet, was Sprengungen betrifft. Kunden aus NRW würde ich derzeit das WSS-Kit für KePlus R6se und KePlus X6se empfehlen. Dieses beinhaltet Notenschacht- und Tresorlochabdeckungen, die den Zeitaufwand erhöhen um die Sprengladung im Tresor zu platzieren. Außerdem würde ich den Einsatz eines Färbesystems empfehlen. Aktuell ist bereits das Färbesystem von Cennox erhältlich, ab Q1/2024 zusätzlich das SmartStain eve System von Feerica.
Neben Färbesystemen gibt es zur Geldentwertung auch Klebesysteme. Wie steht KEBA dazu?
Klebesysteme sind am Markt immer wieder im Gespräch. Sie haben aber im Vergleich zu Färbesystemen einen wesentlichen Nachteil: Die Klebstoffe sind weitestgehend als gefährlich einzustufen, da giftige Dämpfe freigesetzt werden, die die Räumlichkeiten kontaminieren. Bei Fehlauslösung sind die Mitarbeiter:innen der WTUs und Banken diesen Dämpfen ausgesetzt. Aus diesem Grund fokussieren wir uns im Moment auf Färbesysteme. Sollte es im Bereich Klebesysteme in Zukunft ein stabileres, weniger risikoreiches System geben, sind wir gerne bereit, ein solches zu integrieren.
Woran arbeitet das KEBA Cash-Team noch?
Auch wenn aktuell keine erfolgreichen Sprengungen bekannt sind, wollen wir die evo Serie dennoch weiterentwickeln und weitere Sicherheitsoptionen anbieten. Es ist wichtig zu betonen, dass generell eine massive Ausführung und Mechanik wichtig und gut ist. Eine Konzentration darauf ist aber aus unserer Sicht zu wenig.
Denn was würde passieren: Die Angreifer:innen würden noch mehr Sprengstoff verwenden, was natürlich auch die Kollateralschäden stärker ausfallen ließe. Wir haben uns für einen anderen Weg entschieden und betrachten die Zugänge zum Tresor, die ohnehin bereits sehr schwer zugänglich sind, noch einmal kritisch. Außerdem werden wir die Haube weiter verstärken und mit intelligenten Sensoren ausstatten. Dadurch kann ein Färbesystem beispielsweise bereits auslösen, sobald die Haube angehoben wird, wodurch Sprengungen und in weiterer Folge Kollaterialschäden vermieden werden. Die ersten Pakete können wir voraussichtlich ab Mitte 2024 nachrüsten.
Außerdem haben wir bei KEBA noch weitere Systeme im Portfolio, die die Sicherheit einer Bankfiliale erhöhen können, wie zum Beispiel das Zutrittssystem KeBin S10.
Wir sehen: vieles ist bereits verfügbar, anderes wird in Kürze lieferbar und auch Überlegungen für die Zukunft werden angestrebt. Wenn wir nochmals auf die Gesamtsituation blicken: was möchtet ihr den Teilnehmer:innen heute noch mitgeben?
Wir sind uns unserer Verantwortung als Hersteller bewusst. Unser Anspruch ist es natürlich, die Sicherheit der Automaten zu gewährleisten. Aber: dazu benötigt es mehr als eine Einzelmaßnahme. Vielmehr müssen alle, die in diesem Markt tätig sind, gemeinsam daran arbeiten, diese Angriffe einzudämmen.
Bei der evo Serie haben wir unsere Hausaufgaben gemacht und auch nächsten Schritten sind bereits geplant. Dennoch ist es wichtig, einen Schritt voraus zu sein. Daher gehen wir den Weg eines partnerschaftlichen Ansatz mit Banken, Sparkassen, Versicherern und der Polizei, um möglichst viele Informationen zu sammeln, die in die Optimierung unserer Cash Recycler einfließen. Wir beobachten den Markt laufend, und sobald sich neue Maßnahmen mit guten Erfolgsaussichten abzeichnen, sind wir bereit, diese rasch zu realisieren.
Fazit
Wir möchten betonen, dass wir uns unserer Verantwortung als Automatenhersteller bewusst sind. Uns betrifft die Situation genau so wie Banken und Sparkassen. Daher der Appell an unsere Kunden: Bei individuellen Anfragen und Problemstellungen stehen wir natürlich gerne zur Verfügung, um Situationen zu lösen, die heute noch nicht zufriedenstellend sind. Eine Einzelmaßnahme wird das Problem vermutlich nicht lösen können, aber wir sind der Meinung, dass mit einem hochaktuellen Färbesystem ein großer Schritt getan sein wird.
Sicherheit ab Werk: Cash Recycler der evo Serie
Fragen aus dem Publikum
Überwiegen derzeit die Vorteile von aktiven Färbesystemen im Vergleich zu passiven Systemen?
Wir empfehlen für die evo Serie aktive Färbesysteme. Wir haben diese intensiv getestet und eng mit Feerica zusammengearbeitet. Aufgrund der guten Erfahrungen aus anderen Ländern sind wir zuversichtlich, dass ihr Einsatz auch in Deutschland eine positive Wirkung zeigt.
Bietet KEBA auch ein Enforcer-Paket an?
Die evo Serie ist bereits ab Werk sicherheitstechnisch auf einem Stand, den andere Geräte nur mit einem Enforcer-Paket erreichen.
Für die Cash Recycler der Generation 6 kann das WSS-Kit mit Paketen des Mitbewerbs verglichen werden.
Nach welchem Standard ist das Färbesystem zertifiziert?
Das Färbesystem SmartStain eve von Feerica ist vom französischen Sicherheitsprüfinstitut CNPP zertifiziert.
Ab wann können Dual-Kassetten mit dem Färbesystem von Feerica ausgestattet werden?
Aktuell arbeitet Feerica unter Hochdruck an der Integration ihrer Technik in die Standard-Kassetten. Bei Dualkassetten ist die Architektur komplizierter. Wenn dies abgeschlossen ist, werden die Dual-Kassetten nochmals gesondert betrachtet.
Gibt es die Top-Unit-Sperre auch für die Geräte der evo-Serie?
Ja, die Top-Unit-Sperre ist sowohl ab Werk als auch als Nachrüstlösung erhältlich.