Effizienzsteigerung mit mobilen Robotern

Wie autonom müssen mobile Roboter sein, um effizient zu arbeiten?

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Mobile Roboter sind aus industriellen und logistischen Prozessen kaum mehr wegzudenken, da sie Produktivität steigern und Kosten senken. Doch wie viel Autonomie ist notwendig, damit diese Systeme effizient arbeiten? Und wie können Unternehmen die passende Technologie für ihre Bedürfnisse auswählen?

Die Autonomie eines mobilen Roboters beschreibt dessen Fähigkeit, Aufgaben ohne menschliche Eingriffe zu erfüllen, wobei es verschiedene Stufen der Autonomie gibt. Während einfache Systeme strikt programmierte Abläufe ausführen, können fortschrittliche Roboter mit Hilfe Künstlicher Intelligenz eigenständig Entscheidungen treffen und sich dynamisch an ihre Umgebung anpassen. Um den passenden Roboter für eine Anwendung zu finden, ist es entscheidend, die verschiedenen Autonomiestufen und ihre Unterschiede zu verstehen.

Stufen der Autonomie

Automatisierung: Der Begriff „autonomer mobiler Roboter“ (AMR) wird häufig missverstanden und verwechselt mit „Automated Guided Vehicle“ (AGV), obwohl die beiden Begriffe unterschiedliche Technologien und Fähigkeiten beschreiben. Viele sogenannte AGVs (zu Deutsch: Fahrerlose Transportsysteme - FTS), folgen vorgegebenen Routen, etwa Magnetbändern oder induktiven Linien im Boden. Diese Systeme arbeiten automatisiert, jedoch ohne echte Autonomie, da ihre Bewegungen strikt programmiert sind.

Teilautonomie: Andere Roboter nutzen Sensorik, z. B. Laserscanner, um Hindernisse zu umgehen. Solche Systeme lernen Positionen und Trajektorien, die sie für ihre Aufgaben nutzen. Allerdings gibt es auch hier keine autonome Entscheidungsfähigkeit, da Routen und Abläufe vorab definiert sind.

Echte Autonomie: Ein Roboter, der eigenständig Aufgaben priorisiert, alternative Routen findet und zusätzliche Aufgaben während des Transports übernimmt, gilt als autonom.

Dazu Andreas Reingruber, Section Manager Intralogistik bei KEBA: „Erst, wenn ein Roboter selbständig Entscheidungen trifft – oft mit Unterstützung von Künstlicher Intelligenz –, kann man, meiner Ansicht nach, tatsächlich von einem autonomen mobilen Roboter sprechen. Alle anderen Bewegungsformen sind lediglich automatisiert. Ein Beispiel: Ein mobiler Roboter nimmt mit Hilfe eines Manipulators Material von einer Entnahmestelle, um es dann dorthin zu bringen, wo es benötigt wird. Dabei muss er selbständig erkennen und entscheiden, wie er die Position seines Greifers anpassen muss, um das Paket bestmöglich zu greifen."

Hier kommen Technologien wie maschinelles Lernen und neuronale Netze ins Spiel. Diese ermöglichen es dem Roboter, aus den Daten seiner Umgebung zu lernen und seine Handlungen zu optimieren.

Besonders Reinforcement Learning , bei dem der Roboter durch Rückmeldungen aus der Umwelt seine Entscheidungen fortlaufend verbessert, trägt dazu bei, dass er sich an unvorhergesehene Hindernisse und Veränderungen anpasst. Reingruber: „Nur mit solchen fortgeschrittenen Technologien kann der Roboter in dynamischen und komplexen Umgebungen effektiv agieren und die nötige Autonomie entwickeln."

Worauf es bei der Entscheidungsfindung ankommt

Die Wahl des richtigen Autonomie-Levels für mobile Roboter hängt von den spezifischen Anforderungen, Prozessen und Zielen eines Unternehmens ab. Um eine fundierte Entscheidung zu treffen, sollten Unternehmen die folgenden Aspekte genau analysieren:

1. Prozesskomplexität und Umgebung

Je komplexer und dynamischer die Prozesse und Umgebungen, desto höher sollte die Autonomie des Roboters sein.

  • Strukturierte Umgebungen: In klar definierten und kontrollierten Umgebungen, wie Produktionslinien oder automatisierten Lagern, ist häufig nur eine mittlere oder geringe Autonomie erforderlich. Hier können Roboter mit festgelegten Routen, wie Automated Guided Vehicles (AGVs), effektiv arbeiten, da die Umgebung wenig Variabilität aufweist.

  • Dynamische Umgebungen: In komplexeren Szenarien, etwa in Fulfillment-Zentren, Krankenhäusern oder der Landwirtschaft, sind Roboter gefordert, auf unvorhersehbare Hindernisse, wechselnde Anforderungen und dynamische Bewegungen von Menschen oder Objekten zu reagieren. Eine hohe Autonomie ist notwendig, um sich flexibel anzupassen und effizient zu arbeiten.

Praxisbeispiel: Ein Roboter, der in einer Lagerumgebung agiert, muss möglicherweise Waren von dynamisch wechselnden Positionen aufnehmen und bei Bedarf alternative Wege finden, um Störungen zu umgehen. Hier ist ein System mit fortgeschrittener Sensorik und einer KI-basierten Entscheidungsfähigkeit von Vorteil.

2. Anforderungen an Skalierbarkeit und Flexibilität

Die geplante Skalierung und Anpassungsfähigkeit eines Unternehmens haben direkte Auswirkungen auf die Wahl des Autonomie-Levels:

  • Zukunftssicherheit durch modulare Systeme: Roboterhersteller, die planen, ihre Roboterflotte in der Zukunft zu erweitern oder neue Prozesse zu integrieren, sollten auf Systeme setzen, die ein Upgrade der Autonomiefähigkeiten erlauben. Dies kann durch modulare Software oder Hardware erfolgen, die den Roboter auf höhere Autonomiegrade aufrüstbar macht.

  • Anpassungsfähigkeit an neue Aufgaben: Roboter mit höherer Autonomie können schneller in neue Prozesse eingebunden werden. Sie benötigen keine umfangreiche Neuprogrammierung, sondern entwickeln durch maschinelles Lernen und KI die Fähigkeit, neue Aufgaben zu übernehmen.

Praxisbeispiel: Ein Logistikunternehmen kann mit einem teilautonomen System starten, da vorgegebene Transportwege effektiv genutzt werden können. Sollten sich die logistischen Strukturen ändern, besteht die Möglichkeit, auf vollständig autonome Roboter umzusteigen, wodurch eine eigenständige Routenplanung realisierbar wird.

3. Mensch-Roboter-Kollaboration und -Kooperation

In Arbeitsbereichen, die von Menschen frequentiert werden, ist ein hoher Grad an Autonomie unerlässlich. In diesem Fall müssen Roboter Hindernisse sicher erkennen, Routen dynamisch anpassen und auf menschliches Verhalten reagieren können.

Technologien wie maschinelles Sehen (Computer Vision) und Predictive Analytics spielen hierbei eine zentrale Rolle, da sie es hochautonomen Robotern ermöglichen, menschliche Absichten präzise zu erkennen und darauf flexibel zu reagieren. Ohne diese Fähigkeiten wäre ein sicherer und produktiver Einsatz in solchen Umgebungen nicht möglich.

4. Technologie-Anforderungen

Auch die im Roboter verbaute Technologie ist entscheidend für den Grad an Autonomie, da sie die Basis für seine Wahrnehmungs- und Handlungskompetenz bildet.

  • Einfache Aufgaben – wenig Autonomie: In Logistikzentren wird von mobilen Robotern oft nur eine geringe Autonomie gefordert oder zugelassen, da dies kosteneffizienter, sicherer und einfacher zu managen ist. Für einen störungsfreien und stabilen Betrieb sind strukturierte Umgebungen erforderlich. Weniger autonome Roboter benötigen keine teure Sensorik oder komplexe KI-Systeme. Stattdessen können sie zentral gesteuert und entlang vordefinierter Routen geführt werden und sind daher leichter skalierbar.

  • Komplexere Aufgaben – hohe Autonomie: Für Roboter, die neben dem Transport auch zusätzliche Tätigkeiten wie Objekterkennung, Sortierung oder Interaktion mit der Umgebung ausführen sollen, sind fortschrittliche Technologien wie LIDAR, Kameras und 3D-Sensoren unverzichtbar. Ebenso sind leistungsstarke Recheneinheiten erforderlich, um Daten in Echtzeit zu verarbeiten und flexibel auf Veränderungen zu reagieren.

Praxisbeispiel: Ein mobiler, autonomer Roboter zur Unkrautbekämpfung in der Landwirtschaft nutzt Laser oder Heißdampf, um Unkräuter gezielt und chemiefrei zu vernichten. Ausgestattet mit Kameras, Sensoren und KI-gestützter Bildverarbeitung erkennt er selbstständig Unkraut, unterscheidet es von Nutzpflanzen und behandelt es punktgenau, ohne menschliches Eingreifen. Seine Autonomie ermöglicht das eigenständige Navigieren auf unebenem Gelände, die Anpassung an wechselnde Licht- und Wetterbedingungen sowie die Umgehung von Hindernissen wie Steinen oder Ästen. Ein zuverlässiger und stabiler Betrieb muss auch bei Regen, Wind und Verschmutzung gewährleistet werden.

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Fazit: Bedarfsgerechte Autonomie erhöht die Wettbewerbsfähigkeit

Mobile Roboter haben sich als unverzichtbare Werkzeuge in der Industrie und Logistik etabliert, doch ihre Effizienz hängt entscheidend vom Autonomiegrad ab. Während einfache Automatisierung für strukturierte Umgebungen ausreichend sein kann, erfordern dynamische Szenarien hohe Autonomie, um flexibel und effizient zu agieren.

Die Wahl des geeigneten Autonomiegrads sollte daher immer auf einer genauen Analyse der Prozessanforderungen, der Umgebung und der angestrebten Skalierbarkeit basieren. Besonders in komplexen und sich verändernden Arbeitsumfeldern können hochautonome Systeme mit KI und maschinellem Lernen eine erhebliche Effizienzsteigerung ermöglichen.

Auch wenn der Einsatz solcher fortschrittlicher Technologien mit höheren Investitionskosten verbunden ist, zeigt eine langfristige Perspektive, dass sich diese Investitionen durch niedrigere Betriebskosten, gesteigerte Flexibilität und Anpassungsfähigkeit schnell amortisieren können. Branchen wie die Logistik könnten durch den verstärkten Einsatz hochautonomer Roboter neue Effizienzpotenziale erschließen und die Wettbewerbsfähigkeit steigern.

Unternehmen, die auf modulare und skalierbare Systeme setzen, sichern sich zudem die Möglichkeit, mit den Anforderungen zu wachsen und ihre Roboterflotten flexibel an neue Herausforderungen anzupassen. So wird der Übergang zu höherer Autonomie nicht nur zu einer technischen, sondern auch zu einer strategischen Entscheidung.

Andreas Reinguber
Andreas Reinguber Section Manager Intralogistics | KEBA Industrial Automation [email protected]
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