Laden in zwei Richtungen: Definition, Vor- und Nachteile

Bidirektionales Laden – Chance und Challenge

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Der Begriff ist in aller Munde: bidirektionales Laden. Der Fahrzeugakku wird dabei nicht nur für die Speicherung von Energie fürs Fahren genutzt, sondern auch zur Stromversorgung. Für andere Verbraucher, das Haus, das Netz. Doch diese Nutzungserweiterung des Autos birgt auch Herausforderungen.
Symbolische Darstellung von Bidirektionalem Laden mit generischem E-Auto und gezeichnetem Haus mit PV-Anlage und Wallbox im Hintergrund bei Nacht.

Was heißt bidirektionales Laden?

‚Bidirektional‘ bedeutet in zwei Richtungen. Das kann im Kontext von ‚Laden‘ widersprüchlich anmuten, schließlich kann man ja nur laden oder entladen. Das funktioniert bei jedem Akku, sonst bräuchte man ihn nicht. Man muss also etwas spezifizieren: Gemeint ist mit bidirektionalem Laden die Möglichkeit zur Entnahme von Energie aus dem Fahrzeugakku. Und zwar für eine Nutzung außerhalb des Fahrzeugs. Beim Bidi-Laden – so die Kurzform – dient die Entladung der Fahrzeugbatterie also nicht dem E-Antrieb oder der Heizung des E-Autos. Sie dient der Versorgung externer Verbraucher. So einfach sich das in der Theorie anhört, so kompliziert ist es in der Praxis. Wie diese Energie genutzt wird, bestimmt die Art des bidirektionalen Ladens. Und so ändern sich auch die Herausforderungen, die damit einhergehen.

Vehicle-to-X: Die verschiedenen Typen bidirektionalen Ladens

Auf der einen Seite steht immer die Fahrzeugbatterie, auf der anderen der Verbraucher. Man benutzt deshalb auch den Überbegriff Vehicle-to-X (V2X), um die verschiedenen Typen bidirektionalen Ladens zu bündeln. Hier sollen die drei wichtigsten Typen besprochen werden.

1. Einfaches bidirektionales Laden: Vehicle-to-Load (V2L)

Die einfachste Variante ist die der Versorgung eines Verbrauchers über eine integrierte Steckdose. Es gibt schon heute Elektroautos, die ein solches Power-Outlet haben. Entweder über eine (oder mehrere) Haushaltssteckdosen im bzw. am Fahrzeug oder aber über einen Adapter, den man in die Ladebuchse steckt. Hier kann ein Staubsauger oder je nach Leistungsgrenze auch eine Säge angeschlossen werden. Man spricht dann auch von Vehicle-to-Utility (V2U). Schließlich kann man elektrische Werkzeuge im weitesten Sinne damit nutzen. Oder man nennt es auch Vehicle-to-Device (V2D).

2. Versorgung des Hauses: Vehicle-to-Home (V2H)

Mit den Energiemengen, wie sie in den meisten E-Auto-Akkus speicherbar sind, kann man ein Haus versorgen - zumindest temporär. So kann Strom aus der eigenen PV-Anlage (aber theoretisch auch Sonnenstrom aus dem Netz) tagsüber im Fahrzeug gespeichert werden. So kann man ihn dann am Abend oder in der Nacht nutzen. Das E-Auto fungiert also wie ein festinstallierter Energiespeicher. Nur eben auf Rädern. Diese Speicherung erhöht die Eigenverbrauchsquote beim selbstproduzierten Strom. Somit ist man weniger von extern produzierter Energie abhängig. Anders als bei der Vehicle-to-Load-Nutzung muss hier das Energie-Management-System des Hauses über die Wallbox ständig mit dem Fahrzeug kommunizieren. Wird PV-Überschuss-Strom produziert, fließt der in den Fahrzeugakku. Ist der Bedarf im Haus höher als die von den PV-Modulen gelieferte Leistung, wechselt der Akku in den Einspeisebetrieb. Und fällt der Akkustand unter einen definierten Punkt, muss Netzstrom genutzt werden. Dazwischen steht die Wallbox, die bislang immer nur Energie in eine Richtung fließen lassen musste – nämlich in den Akku. Aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen gibt es bislang noch keine zugelassene Lösung für diese Variante des bidirektionalen Ladens.

3. Stabilisierung des Stromnetzes: Vehicle-to-Grid (V2G)

Noch komplizierter wird es, wenn man statt der isolierten eine netzoffene Akkunutzung anstrebt. D.h., der Fahrzeugakku wird nicht nur für eine individuelle, sondern für eine kollektive Speicherung genutzt. Strom, den z.B. große Photovoltaik-Farmen tagsüber produzieren, wäre durch die Zwischenspeicherung in angesteckten E-Autos zu lichtarmen Tageszeiten nutzbar, ohne dass in große Speicheranlagen investiert werden muss. Noch einfacher: Überschüssig produzierter Strom wird gespeichert, um in Spitzenzeiten abrufbar zu sein. Weiterer positiver Effekt dürfte sein, dass so insgesamt auch weniger Sockelkapazität von Großkraftwerken bereitgestellt werden muss, um den gesamten Strombedarf zu stillen. Eine große Herausforderung ist hier die Regelung. Ein Netzbetreiber müsste mit jeder Wallbox verbunden sein. Nur so kann er steuern, ob Strom entnommen oder gepuffert wird. Natürlich würde dies nur innerhalb eines gewissen Rahmens – wahrscheinlich wenige kWh – passieren. Dennoch muss die permanente Kommunikation gewährleistet sein. Außerdem muss beim Einspeisen der Strom aus dem Fahrzeugakku mit dem des Stromnetzes synchronisiert werden.

Akkunutzung für Fremdverbraucher: Garantie ade?

Neben technischen Herausforderungen bringt das bidirektionale Laden auch juristische Folgen mit sich. Die Garantie der E-Auto-Hersteller auf das teuerste Bauteil, den Akku, ist oft an eine gewisse Laufzeit bzw. Laufleistung gekoppelt. Was aber, wenn zur Akkubelastung durch das Fahren und Aufladen noch weitere Ladezyklen für die Speisung externer Verbraucher kommen? Erlischt dann die Garantie? Verkürzt sie sich? Ist bidirektionales Laden in gewissem Umfang in Ordnung? Wer legt ein zumutbares Maß fest?

Bidirektionales Laden: eine zukunftsweisende Technologie

Bevor bidirektionales Laden zum technischen Segen im Alltag werden kann, müssen also noch einige Fragen geklärt und Aufgaben gemeistert werden. Vielversprechend ist das Konzept auf jeden Fall. Seine Umsetzung bedarf aber kollektiver Anstrengungen – auf Seiten der Stromversorger, der Autohersteller, aber vornehmlich auf Seiten des Gesetzgebers.


 
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